Die fremde Heimat

20 Jahre- so lange hatte ich in Wien gelebt. 20 Jahre war ich im 19. Bezirk in die Schule gegangen, traf Freunde im 7. Bezirk auf einen Kaffee, verbrachte meine Abende im 1. und 3. Bezirk. Ich dachte ich kannte die Stadt in und auswendig. Die Gesichter, die Geschäfte die Gerüche, die Wege waren immer die Gleichen, in einbandergreifende Monotonie, welche einen in stillen Momente zu überwältigenden drohte, einem die Luft abschnürte und das Gefühl gab, dass man im Leben nicht aus seinen eingefahrenen Kreisen ausbrechen konnte. Gefangen in einem selbstgebauten Labyrinth, benebelt von der Langeweile und dem Bekannten. Doch kaum zog ich weg und betrachtete die mir so geläufige Stadt aus der Entfernung bemerkte ich, dass Wien mir nicht alle seine Gesichter gezeigt hatte. Nur eine Handvoll Kreuzungen von dem wo ich mich immer aufgehalten hatte waren die Gesichter, Geschäfte und Gerüche anders, unbekannt, fremd. Nur einen Steinwurf entfernt wurde meiner verhassten Monotonie ein herbes Ende gesetzt und ich hatte es nie bemerkt, hatte meinen Tunnelblick nicht von der Eintönigkeit vor mir abgewandt. Hier dargestellt ist eine Ecke Wiens, welche ich jahrelang auf den Ubahnplänen gekonnt ignoriert hatte: Alterlaa. Fährt man mit der U6 in Wien bis zur Endstation, befindet man sich auf einmal in einer eigenen Welt. Der Wohnpark Alterlaa liegt im Süden der österreichischen Hauptstadt und gilt als eine der größten Wohnanalagen des Landes.

Gebaut wurde die Siedlung zwischen 1970 und 1985. Von dem Architekten Harry Glück entworfen, welcher bei dem Konzept auf „gestapelte Einfamilienhäuser“ in Form von Terrassenwohnungen setzte. Der Wohnpark breitet sich auf einer Fläche von 24 Hektar aus und besteht aus 3 parallel verlaufenden Blöcken, jeweils 400 Meter lang und bis zu 27 Stockwerke hoch. Die Idee war es damals aber weiterzugehen als nur Wohnungen zu errichten. Man baute eine komplette eigene Infrastruktur auf dem Areal auf, so findet man neben Schulen, Kindergärten und Ärzten auch Sportstätten, Saunen, Restaurants und sogar Schwimmbecken auf den Dächern der Bauten.

Es wurde konzipiert als eine vollständige, eigene Utopie, welche aber auch fast 40 Jahre nach der Fertigstellung viele Kontroversen aufbringt und in der Gesellschaft oft auf Missfallen und Vorurteile trifft.

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Frankophile Stillleben

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Laut oder leise?